Bavaria 37 Cruiser

Handling, Ideen, Qualität

Als ich vor ca. 27 Jahren meine erste Bavaria (eine 430)  gesegelt habe, hat sie den Ruf einer typischen Charteryacht gehabt. Ja, was soll ich sagen, bei mir hat sich dieser Ruf auch verfestigt. Vielleicht ist das bei vielen so und eventuell ist das mit ein Grund warum Bavaria in der derzeitigen Schieflage ist. Wollen wir mal hoffen, dass die Werft ein zweites mal mit einem blauen Auge davon kommt.

Bavaria Cruiser 37 Bj. 2016
Bavaria Cruiser 37 von First Class Sailing Kroatien

Jetzt war ich mal wieder für eine Woche mit einer Bavaria unterwegs. Dafür gab es einen bestimmten Grund. Mein Bruder wollte sich dieses Schiff einmal genauer ansehen, hat selbst aber keine Segelerfahrung. Er möchte den Umgang mit einem Segelboot erlernen. Da trifft es sich gut, dass ihm die Bavaria 37 Cruiser aus so ganz gut gefällt.

Bavaria 37 Cruiser – Außen

Unsere Bavaria 37 Cruiser ist die Version mit Rollgroß und Genua. Klassische Bedienung für das Vorsegel über Genuawinschen und das inzwischen übliche German-Sheet-System für die Großschoot. Ich bin noch immer kein Fan der Rollanlage am Mast, mag es eher klassisch mit gelattetem Großsegel. Doppelte Steuerräder sehr weit achtern und eine große Badeplattform, die beim Segeln als Sitzbank dient. Motorsteuerung wie so oft sehr tief angebracht. Schaltung funktioniert ohne zu hacken. Trotzdem fummelig.

Bavaria 37 Cruiser

Alle Deckslucken sind „flush“ verbaut, Laufdeck ist mit Teak belegt. Außerdem automatische Zwangslüfter. Eine Sprayhood und ein  verstellbares Bimini sind vorhanden. Das Bimini macht aber den Eindruck als gehöre es auf ein größeres Schiff. Ein sehr großer Cockpittisch mit einen recht großen Fach versperrt leider den Weg durch das Cockpit. Da das Schiff einen, für heutige Yachten, recht schlanken Hintern hat wäre entweder ein einziger Steuerstand oder ein etwas schmalerer Tisch ausreichend gewesen. Irgendwie unstimmig.

Der Rumpf ist, wie bereits erwähnt, achtern nicht sehr breit. Rundspant, keine Kimmkanten, nichts modernes aus der Regattawelt. Ein tiefer Kiel und ein tiefes Ruderblatt. Das sieht bei den Franzosen in der Größe (Jeanneau 389, Oceanis 38) ganz anders aus. Die Badeplattform ist groß und hat eine sehr gute robuste Einsteckleiter, die allerdings in der Backskiste verstaut werden muss. Aber dort hat sie ein festen Platz.

Über die Verarbeitung kann ich nicht viel sagen. Kein knarzen im Rumpf und stehenden Gut, Mast steht sauber, etwas wenig Spannung auf dem Achterstag. Das ist mit dem Achterstagspanner leicht zu korrigieren. Ich war mir bei der Wantenspannung leider auch nicht ganz sicher. Das ist aber Sache der Chartergesellschaft. Wäre es mein Schiff hätte ich die Spannung nachgemessen. Außerdem hat das Genuafall etwas nachgegeben. Der Block hat nicht ordentlich geschlossen. Das kann man alles leicht einstellen.

Die Blöcke waren von hoher Qualität und gut positioniert. Selbstholende Winschen links und rechts neben dem Niedergang. Der Niedergang war gut dimensioniert, die Türen sind zwar schön aber sicher nicht dicht wenn eine Welle hinten einsteigt. Alle Lucken schließen dicht und bringen sehr viel Licht in den Innenraum. Um mehr zu sagen hätte ich Zeit und Wind gebraucht.

Wie bereits erwähnt hat das Schiff kein Lattengroß. Gibt es auch für Rollsegel. Dafür war das Tuch, es ist immerhin eine Charteryacht, noch ganz gut in Schuss. Das Großreff der Bavaria mußte vom Mast aus bedient werden. Die Leinenverbindung ins Cockpit fehlte. Einen nachvollziehbaren Grund konnte und die Chartergesellschaft nicht nennen. Hier sind immer zwei Personen nötigt um das Gr0ß zu setzen oder zu bergen. Dabei muß eine Person auf dem Kabinendach balancieren. Einhandbedienung nicht möglich, ein minus für die Sicherheit.

Ob ein Großsegel gelattet sein muss oder nicht – darüber kann man vortrefflich Streiten. Allerdings steht ein gelattetes Groß besser, ist leichter zu trimmen und hat höheres Tempopotenzial. Ich behaupte sogar es hält länger. Klar, auch der Baumniederholer, das Achterstag und die Dirk möchten bedient werden. Was man für einen guten Trimm alles tun muss. Ja, ein gelattetes Groß kann fehlende Erfahrung nicht wirklich ausgleichen. Ich weiß!

Mehr möchte ich zum Äußeren des Schiffs nicht sagen. Klar, es war sauber, der Rumpf ohne Kratzer und Beschädigungen. Weiß, ganz schön weiß. Wie die meisten Yachten.

Bavaria 37 Cruiser – Innen

Eine 2-Kabinenversion, großes Bad, die übliche Pantry, Es könnten 6 Personen auf dem Boot schlafen. Es  gibt in den Kabinen jeweils 2 feste Schlafplätze. Sehr bequem, hab gut geschlafen. Ausreichend Stauraum ist in den Kabinen vorhanden. Im Salon kommen noch zwei Personen unter. Die Bank am Tisch kann man ausziehen. Und wenn man ganz ganz ganz ruhig Schläft und dazu noch sehr sehr sehr leicht ist, dann hält die Konstruktion sogar. Ich finde sie wackelig und unbrauchbar. Ein leichter Dreher beförderte mich zu Boden. Da gibt es einfachere und stabilere Varianten. Keine Leesegel.

Alle sichtbaren Holzflächen sind gut und schön verarbeitet, die Umleimer sind massiv. Alle nicht sichtbaren Hölzer sind billig verarbeitetes und empfindliches Schichtholz. Das ist bei der leichtesten Belastung hin. Da sieht man wo Bavaria spart.

Die Pantry hat auch Platz für zwei

Die Pantry ist ausreichend ausgestattet und hat viel Stauraum. Das gilt im übrigen für das ganze Schiff. Die Kühlbox könnte etwas größer sein und es wäre wie immer nett wenn das Kondenswasser ablaufen würde. Oder ein herausnehmbarer Gitterboden. Warum hier eine Mikrowelle eingebaut wurde ist mir schleierhaft. Ich brauche dieses Gerät selbst zu Hause kaum.

Das Bad ist in Ordnung. Hier ist der Stauraum ist wie üblich überschaubar. Eine elektrische Puppenhaustoilette (nerv) von Jabsco. Die Dusche ist abgeteilt und hat eine Kleiderstange für nasse Klamotten. Warum ich die Duschpumpe in der Navi einschalten muss ist mir nicht klar. Hab ich da was nicht verstanden?

Beide Kabinen bieten ausreichend Platz für zwei Personen. Hinten vielleicht sogar drei Kinder. Vorne gibt es mehr Stauraum. Also vermute ich sollte die vordere Kabine für den Eigner sein und hinten für Gäste.

Das Raumgefühl in der Zwei-Kabinenversion ist gut. Die Drei-Kabinenversion auf der boot Düsseldorf war mir deutlich zu eng. Ganz besonders das Bad. Eine Navi fällt dann weg, wir hatten wenigstens eine. Ein Boot in der Größenordnung sollte niemals mit drei Kabinen ausgestattet werden. Beinahe alle Hersteller bekommen das nicht gut hin.

Bavaria 37 Cruiser – technische Ausstattung

Das Schiff war mit dem absoluten Minimum ausgestattet. An den Steuerständen gab es die übliche Windanzeige und an Steuerbord  zusätzlich noch den Autopiloten. Am Partytisch wurde ein Plotter ungeschickt positioniert. Der Plotter war leider nicht bei jedem Lichteinfall ablesbar. In der kleinen, aber noch vorhandenen, Navi gab es noch den UKW-Funk mit AIS und Bavaria Schaltpanel. Während das Schaltpanel einfach und klar – also gut – war ist das Funkgerät eine echte Enttäuschung. Außerdem gibt es kein Zweitgerät für den Steuerstand. So waren viele Funksprüche durch, bis ich endlich im Schiff war.

Es gab ein WLAN mit auf 5 GB begrenzten Download. Einen höheren Bedarf hätte die Chartergesellschaft berechnet. Eigenartig, in Zeiten in denen ich innerhalb Europas meine Flatrate benutzen kann. Es ist mir also nicht klar, was das sollte. Das ist nicht mehr Zeitgerecht.

Dem Motor steht eine Starter-Batterie zur Verfügung, die weiteren Verbraucher haben zwei Batterien mit ausreichend Leistung. Wir haben die Batterien nie zu sehr belastet und ab und zu die Maschine angeworfen. Es gibt keine Solaranlage, die die Batteriespannung hält. Dabei gibt es heute bereits kleine und doch leistungsfähige Solarhelferlein.

Die Maschine ist ausreichend dimensioniert. Allerdings muss man sich etwas verbiegen wenn man nach Öl, Kühlwasser usw. sehen muss. Wenn man alle Paneele öffnet kommt man überall dran.

Bavaria 37 Cruiser – Bedienbarkeit

Jetzt zurück zu meinem Bruder. Ich habe seit vielen Jahren keinen Segelunterricht mehr gegeben. Daher war ich sehr gespannt ob ich das noch hinbekomme. Das mit dem verständnisvollen Erklären und beruhigenden Anleiten ist nicht immer einfach. Ich kenne Ausbilder und Skipper die wie bei der Bundesmarine permanent herumbrüllen und alles andere als höflich sind. Das ist bei mir nicht so, dafür erwarte ich Aufmerksamkeit.

Es sollten alle Kurse, alle Manöver mit Befehlsreihenfolgen sowie Einhandmanöver (Wenden und Halsen)  gesegelt werden. Ich halte es im übrigen immer noch für wichtig mit einem Segelboot das Beiliegen und verschiedene Sturmtaktiken zu üben. Ein Segelboot kann auch Rückwärts segeln, ist aber eher was für erfahrene Segler. Verschiedene Mann über Bord Manöver und …

Kleiner Exkurs: Ich sage immer noch „Mann über Bord“. Tut mir leid. Das war so als ich meinen ersten Segelschein gemacht habe. Für diejenigen, die jetzt sagen es Fallen auch Frauen und Kinder von Bord, sogar Hunde und Katzen. JA, ich weiß. Also ich werde niemals von „Mensch, Tier oder Insekt über Bord“ sprechen. „Mann“ hat in diesem Fall kein Geschlecht, ist auch kein Tier – sondern hat ein lebensbedrohliches Problem. Das sollte man den Neutralitätsbesserwissern und Geschlechtsneurotikern  umbedingt mal mitteilen. Es geht nicht um das diskriminieren von Frauen oder Tieren, sondern ums überleben. 

… anlegen an der Boje, römisch-katholisch und mit dem Heck zur Pier unter Mooring. Außerdem Ankern. Jedes Manöver hat seine eigene Spezialität. Was ich aber echt nicht mag sind unsinnig aufheulende Maschinen und planlose Manöver, dazu völlig dämliche Anweisungen an die Besatzung, die man über Meilen hören kann. Weder im Hafen noch sonst irgendwo.  Mike mußte leider auf das Bugstrahlruder verzichten, die meisten Manöver gehen auch ohne. Ich ließ ihn das Schiff rückwärts durch den gesamten Hafen in Rogoznica steuern (hat bestimmt lustig ausgesehen), auf engsten Raum wenden. Er hatte die Gelegenheit zu lernen wie man planvoll mit dem Rad-Effekt der Schraube umgeht und wie einem der Wind im Hafen helfen kann.

Ich habe das gemacht was ein Segellehrer nunmal macht. Ich habe daneben gestanden, Hinweise und Empfehlungen gegeben. Alle Manöver sind einfach und ohne Stress durchführbar. Nur ein oder zwei mal habe ich eingegriffen und an der Tankstelle kam ihm der Grund (eine Hand breit reicht nicht immer) zu nahe und es war sehr sehr eng.

Die Bavaria ist nicht besonders schnell. Es gibt in ihrer Klasse schneller Schiffe. Aber sie liegt gut auf ihrem Ruder und reagiert sehr schnell. Das liegt am tiefliegenden Ruder. Wie sie auf starke Krängung reagiert konnte ich nicht probieren. Sie hat eine relativ geringe Abdrift und ist nur wenig empfindlich auf Seitenwind. Im Hafen ist das ein echter Vorteil. Das Bugstrahlruder ist ein guter Helfer im Hafen wenn es dann doch mal nicht ganz reicht. Brauch man eigentlich aber nicht.

Bavaria 37 Cruiser – mein Fazit

Und was denke ich insgesamt die Bavaria 37. Sie ist ein leicht zu bedienendes Schiff. Perfekt für Segelausbildung und Anfänger oder Skipper mit überschaubarer Erfahrung. So war es eben auch möglich mit einem Segelnovizen Einhandwenden und -halsen zu üben.

Ich hätte das eine oder andere auf dem Schiff anders gemacht, andere Elektronik anders verbaut. Mein Schiff hätte ein rollengelagertes Lattengroß mit 2-fach Einleinenreff im Cockpit. Ich bin kein Fan der reinen Slooptackelung, mag ein gutes Bugspriet mit weiteren Anschlagpunkten. Aber das ist eine andere Geschichte.

Bavaria muss ihre Flotte modernisieren wenn sie nicht den Anschluss an die direkten Mitbewerber verlieren möchte. Ob es noch dazu kommt  hängt sicher davon ab ob ein neuer Investor gefunden wird. Bavaria muss genau darüber nachdenken ob man wirklich in die Luxusklasse segeln muss. Aus meiner Sicht sollte Bavaria lieber gute robuste Schiffe für einen breiten Markt bauen. Achtung Jeanneau, Beneteau, Dehler und Hanse segeln der Bavaria davon.


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